Seelosophie

Donnerstag, 29. Juli 2010

Schwimmen und Kommunikation

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Gestern war ich schwimmen.
Das ist an und für sich nichts ungewöhnliches, da ich ohnehin laufend schwimmen gehe. Da es regnete, suchte ich aber nicht meinen Lieblingsplatz unter der alten Eiche auf, sondern bewegte mich mit Hilfe der städtischen Verkehrsbetriebe ins Schwimmbad.
Beide Plätze unterscheiden wesentliche Elemente: Die alte Eiche steht in einer verborgenen Bucht direkt am Wasser. Unter ihr befinden sich kleine und große Steine, Wurzeln, die in meinen Rücken pieken, Glasscherben von der letzten Strandfete, die ich erstmal zusammensuche und dann anschließend wegwerfe, Enten, die irgendwann auf meiner Decke landen, weil sie meinen Rucksack interessant finden, Muscheln, Spinnen, Sonnenstrahlen und vieles andere mehr. Eigentlich ist es kein geheimnisvoller, oder besonders schöner Platz. Aber es ist mein Platz.
Ich würde ihn unter Einsatz meiner Schwimmnudel verteidigen. Aber dorthin will ohnehin niemand, weil man erst über einen Felsen und dann einen glitschigen Baumstamm steigen muss.
Mühe zahlt sich doch manchmal aus.
Das Schwimmbad ist eher etwas mühevoll zu erreichen und im Eingangsbereich riecht es nach Schwefelwasserstoff. Die Umkleidekabinen erinnern mich an die mühevoll verdrängten Zeiten des schulischen Schwimmunterrichts, der mich eher demotivierte. Wenn ich nach Umkleidekabine 3 rechts abbiege, komme ich in die einzige neu gestaltete Dusche und von dortaus ins Bad selbst. Das Wasser ist klar und unter dem Beckenrand strahlen Scheinwerfer und tauchen menschliche Beine in weiße, wabblige Massen. Die Duschen sind eigentlich schön... man kann sich das Chlor abwaschen und die Haare föhnen und muß nicht halbnass nach Hause fahren.
Normalerweise steige ich ins Wasser, setze die Schwimmbrille auf und ziehe dann meine 60 Runden. Dann mache ich einige Klimmzüge am Beckenrand und schwimme noch ein bisschen, bis ich keine Lust mehr habe. Dann hoppse ich noch schnell ins Nichtschwimmerbecken und entspanne mich ein bisschen. Vielleicht gibt es noch Wassergymnastik, die je nach Trainerin vom gemütlichen Workout bis zum Bootcamp geraten kann. Ich werde die 25 rückwärtigen Klimmzüge am Beckenrand, die meine Rückenmuskeln demolierten und den anderen Beteiligten rote Köpfe und Atemnot beschwerten, sicherlich nicht so schnell vergessen.
Auch die kleine Rothaarige sieht nur so unschuldig aus... wie sie die versammelte Mannschaft durchs Becken jagte und dabei "Schneller, Knie höher, höher, höher!" brüllte, erschien mir noch nachts im Traum.

Gestern nun: Letzter Schultag. Ich kam aus der Umkleidekabine, duschte und öffnete die Tür zur Schwimmhalle, als ich von einem Vakuum irrsinniger Schreie hineingesogen wurde.
Klar: Kinder machen Krach. Wenn die Eltern dabei sind, noch mehr, denn die Kleinen sind so glücklich, dass sich jemand mal um sie kümmert, dass sie noch lauter herumschreien.
Aber das war einfach atemberaubend. Die sonst so ruhige Schwimmhalle war angefüllt mit einer Horde brüllender Kinder und Jugendlicher, wobei die Jugendlichen eigentlich noch lauter als die Kinder waren, denn nur so kann man ja schließlich die Angebetete oder den Angebeteten auf sich aufmerksam machen. Schreie sind ein wesentlicher Teil menschlichen Balzverhaltens. Zu unterscheiden ist dabei nach hilflosen, empörten oder auffordernden Schreien, bzw. nach Imponierrufen der männlichen Balzenden untereinander. Sie werden vor allem ausgestoßen, wenn man auf den 5-Meter-Brett steht und anschließend mit einer Arschbombe nach unten springt.
Ich zog meine Schwimmbrille auf und hoppste ins Schwimmerbecken und zog meine ersten Runden, bis mich ein weiterer Schrei vor lauter Schreck fast absaufen ließ: Im Schnellschwimmerbecken war ein Kind mit Schwimmflügeln einem vor sich hin kraulenden Mann auf den Rücken gesprungen, der nun abwechselnd das Kind und dessen Mutter anbrüllte. Die Mutter indes versuchte den Mann zu beruhigen und brüllte ihr Kind an, das vor ihr davonschwomm und zurückbrüllte: "Ich komm nicht raus! Ich komm nicht raus!".
Schließlich ließ der Vater einen Urschrei ab und das Kind schwamm an den Rand, wonach alle drei einander anbrüllten.
Um dem Ganzen zu entgehen, schwamm ich weiter. Unterdessen begann im Sprungbecken ein Springwettkampf, der sich zu gehörgangzerfetzender Lautstärke steigerte.
Was soll's... man macht trotzdem weiter. Man ist ja kein Spielverderber. Ich frage mich dennoch, ob die Existenz von Wasser sich auf die Lautstärke auswirkt.

Auf jeden Fall scheint Krach eine Menge Spaß zu machen. Ich sollte das auch mal versuchen. (-;
Aber vorerst gehe ich heute lieber in den Wald zum Walken. Hoffentlich geraten die Eichhörnchen angesichts des Wassers, das in Massen vom Himmel kommt, nicht in eine ebensolche Euphorie, wie gestern die ferienbegeisterten Wasserratten.

Dienstag, 27. Juli 2010

Falten zu meinen Füßen

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Ich bin heute unkreativ. Das gibt es.

Besonders an Tagen, an denen sich der graue Himmel über das Wasser legt und man eigentlich nicht mehr unterscheiden kann, wo der Horizont beginnt und wo der See.
Die vielen verschiedenen Gesichter des Sees sind auch dasjenige, was ihn so liebenswert macht.
Viele Menschen kommen hierher und freuen sich über das kristallklare Wasser und die leuchtenden Alpen im Hintergrund, über die grünen Matten der Schweiz und die Städte, die sich an das Seeufer kuscheln. Im Herbst und Winter fangen sie dann an zu jammern, weil der Nebel kommt. Die richtigen Bodenseeler mögen aber auch diese Seite. Der Nebel kann so vielfältig sein: Dicke weiße Wolken, die sich über den Boden dahinschieben, lichtzertriebene Fetzen, ein tiefgrauer Himmel. Der Hochnebel macht viele Menschen traurig, wissen sie doch, dass über den Wolken die Sonne scheint.
Im Winter schneit es selten, aber dann legt sich ein weißer Teppich an den Ufern entlang. Manchmal frieren sie ein und der Schilf ragt daraus empor. Bei tiefer Kälte knarren und seufzen die Eisschollen zwischen der Reichenau und Allensbach. Bezaubernd ist, wenn in diesen Tagen die Sonne hervorkommt und das Wasser, auf dem kleine Wölkchen treiben, zu glitzern beginnt.
Heute ist ein Tag, an dem der See unfreundlich und unausgeschlafen wirkt, mit dicken Augenringen und verstrubbelten Haaren.

Aber dann gehst du abends am Ufer entlang und der Sand und die Steine schmiegen sich um deine Füße... und du weißt, dass er trotz seiner Falten und Macken dein Freund ist.

Mittwoch, 7. Juli 2010

Kleine Mengenlehre der Aggression

Gestern Abend fuhr ich mit meinem Fahrrad über die Fahrradbrücke und donnerte beinahe in eine Herde Touristen, die sich mitten im Kreisverkehr versammelt hatten. Da der Kreisverkehr am Ende des abschüssigen Brückenendes ist, qualmten meine Reifen, als ich zum Stehen kam. Anstatt mir zu danken, dass ich diese beige- und khakifarbenen Wesen nicht umgebrettert hatte, begannen die weiblichen Aliens damit, mich als rücksichtslos zu beschimpfen und die männlichen Aliens erbosten sich über die Radfahrer, als ich sagte, sie stünden doch schließlich mitten im Weg und hätten weder auf dem Radweg, noch im Kreisverkehr etwas zu tun.
Ähnliches hatte ich Samstag in Stuttgart erlebt. Am Ende einer Fortbildung musste ich ebendort umsteigen und stand friedlich neben der Tür des Interregios, aus dem eine Phalanx gummibehoster, sonnenbebrillter und beige-/khakifarbener Touristen mit ihren Fahrrädern ausstieg. Jeder Einzelne, der sich der Tür auch nur ansatzweise näherte, wurde angebrüllt, er solle woanders einsteigen, sie müssten jetzt hier aussteigen. Der Witz war, dass eigentlich jeder friedlich wartete und erst dann anfing, sich zwischen den Rädern durchzuquetschen, als sich die Abfahrt des Zuges doch bedenklich näherte und die Fahrradfahrer immer unverschämter wurden, worauf die restliche Menschenmenge vermutlich dachte, die Radfahrer könnten sie mal an ihrer rückseitigen Sitzunterlage....
Als Bewohner einer Touristenstadt ist man sowas ja nun gewohnt. Man kann nicht mit ihnen und auch nicht ohne sie. Ganz gleich, ob man nun industriell oder landwirtschaftlich ganz gut dasteht, Touristen bringen eben doch einen gewissen wirtschaftlichen Gewinn.
Trotzdem freue ich mich echt, wenn der Herbst kommt und sie wieder verschwinden. Es ist weniger die Tatsache, dass sie überall im Weg rumstehen, in den Kirchen die Gottesdienste mit Besichtigungstouren stören (was übrigens deutsche Touristen in südlichen Ländern auch unverschämter Weise dauernd schaffen), einem nicht glauben, wenn man ihnen den Weg erklärt, sie sind eigentlich auch noch dauernd aggressiv. Und das ist nun das Interessante an der Sache.
Gut: Man nehme nun also eine Gruppe Touristen. Diese werden entscheidend über folgende äußerliche Faktoren gekennzeichnet: Graue, braune, beige oder khakifarbene Cargo- oder Leinenhosen (Tagestouristen auch weißer Stretch), dazu grüne oder bei Frauen bunte, gestreifte, getigerte T-Shirts, Baseballcaps und Strohhüte mit flatternden bunten Bändern, die freiwillig kein normaler Mensch tragen würde, wenn er seinen Hut nicht daheim vergessen hätte und deswegen an einem Touristenstand einen ebensolchen Strohhut erstehen muss. Dazu Sandalen (neuerdings auch bei Rentnern Trekkingsandalen), allerdings gepaart mit hochgezogenen weißen, blauen oder braungrüngrauen Socken. Wärgh.
Man nehme nun diese Gruppe Touristen und führe sie in den Rechnungskreis einer Touristenstadt ein und diese werden, sobald sie in Schnittmenge mit normalen, sich auf dem Weg zur Arbeit oder zum Einkaufen etc befindlichen Einheimischen treten, aggressive, weil conquistatorische Verhaltensweisen an den Tag legen. Sie sind ja schließlich diejenigen, die hier Urlaub machen und jeder andere Mensch hat nicht nur nicht die selben Rechte wie der Tourist, sondern auch die Pflicht, als Dienstleister zu handeln.
Die dafür notwendige Aggression ist nicht boshaft, sondern Mittel zum Zweck.
Ergebnis: Halte dich in den Sommermonaten vom Stadtkern fern und vermeide direkten Kontakt mit Sonne und Touristen.

Mittwoch, 30. Juni 2010

Amerikanische Nächte und halbgare Hähnchen

Ich liebe Hähnchen. Ich liebe es, wenn sie gackernd über den Hof laufen und der Wind in ihre Federn pustet. Noch mehr liebe ich sie aber, wenn sie gerupft vor mir liegen und ich sie mit Kräutern, Knoblauch und Zitrone fülle und in den Backofen schiebe. Um sie anschließend zu verzehren.
Nach einem langen, nervigen Tag hätte ich heute genau das gebraucht. Aber nein.... statt dessen treffe ich heute eine Freundin auf der Straße, die ich seit einem Jahr nicht gesehen habe, weil sie in den USA lebt. Seit einer Woche ist sie hier... und hat sich nicht gemeldet. Man merkt doch immer mehr, was Menschen taugen, wenn man sie eine Weile nicht mehr gesehen hat.
Am liebsten hätte ich sie wie ein Hähnchen über den Hof gejagt, gerupft, mit Butter bestrichen und lebendig geröstet. Sie anschließend zu verspeisen hätte ich dann doch gelassen. Amerikanische Küche liegt mir nicht.

Und dann komme ich nach Hause und muß feststellen, dass ein halbgares Hähnchen in Schloss Bellevue einzieht. Noch schlimmer. Farblos, ohne Biss, ohne richtigen Geschmack und Würze.


Ich fürchte, ich muss mich die nächste Zeit vegetarisch ernähren.

Mittwoch, 23. Juni 2010

Mittwoch Morgen

Gibt es etwas, was eigentlich noch schlimmer ist als der Montag Morgen? Aber ja doch... der Mittwoch Morgen. Nachdem man zwei Tage der Woche rumgebracht hat, kommt der Mittwoch. Donnerstag kann man sich langsam auf den Freitag freuen, aber Mittwoch ist der Tag zwischen heute und gestern, zwischen "Wieso habe ich am Wochenende nur nicht mein Fahrrad repariert" und "schon wieder eine Rechnung von der Telekom, ich habe die letzte doch gerade eben erst bezahlt".
Es ist der Tag, an dem man keine Lust hat, sich morgens ein Müsli zu machen, sondern sich an einer Flasche Mineralwasser auf dem Sofa festhält, darüber nachdenkt, dass Make-Up eine Illusion ist und man vielleicht doch hätte ins Kloster eintreten sollte, als man die Gelegenheit dazu hatte.

Impuls

Freue dich über jeden Morgen, an dem sich ein friedlicher Himmel über dich wölbt. Geniesse den Tag, an dem du satt wirst an Leib und Seele, und atme das Glück von Freundschaft und Liebe ein wie den zarten Duft des erwachenden Frühlings. Koste jeden frohen Augenblick aus, und du wirst spüren, was es heisst, das Leben zu lieben. Christa Spilling-Nötker

Spruch des Tages

"Ihr singt mal wieder wie ziviler Ungehorsam." (Ein nicht zu nennender Dirigent)

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