Krankheitskultur
Ich bin krank.
Ob es nun daran liegt, dass die Teilnehmer meines aktuellen Deutschkurses rumniesen wie die Weltmeister oder daran, dass ich letzten Montag wie eine Gestörte mit dem Fahrrad in die Chorprobe gerast bin, vermag ich nicht mehr zu eruieren.
Auf jeden Fall wachte ich Freitag mit einer Stimme auf, die einem sibirischen Streifenhörnchen nach zwei Flaschen Vodka hätte gehören können und einem Kopf, der irgendwo auf meinem Kleiderschrank lag und den ich nicht mehr fand.
Also packte ich den mit dem spitzen Pflock, den jemand zwischen die Augen gerammt hatte, und machte mich auf den Weg in die Schule. Meine Schüler erlebten an diesem Tag das erste Mal ihre sonst so verständnisvolle Lehrerin, wie sie mit geballter Faust auf den Tisch schlug und krächzte: "Ruhe, verdammt."
Gut, das sie das nicht verstanden. Niveau A1 hat auch seine Vorteile.
Zu Hause angekommen versuchte ich mein Arbeitszimmer aufzuräumen, was nicht ging, weil ich ja immer noch den spitzen Pflock zwischen den Augen hatte und der dauernd am Schreibtisch anstieß.
Nun denn... inzwischen liege ich den zweiten Tag in meiner Kommandozentrale auf dem Sofa und finde es super.
Nebe mir steht eine Tasse Kaffee und gleich daneben eine Thermoskanne mit Ingwerwasser, eine Packung Taschentücher und eine große Mülltüte, ein Netz 0-Punkte-Mandarinen, Nasentropfen, Inhalierspray, diverse Zeitschriften, die Fernbedienung von Fernseher und Stereoanlage, der Roman, den ich gerade lese und ein Schachbuch, das nicht mir gehört, aber meinem Allerliebsten. Das hat den Vorteil, dass er über früher oder später angelockt wird und ich so einen Kuss auf die Stirn kriege, wenn ich nur leidend genug gucke.
Im Radio läuft Scarlatti, draußen regnet es, meine Frauenzeitschrift empfiehlt hohe schwarze Stiefel zum Hosenanzug und irgendwann wird es hoffentlich Frühstück geben.
Perfekt.
Das bringt mich zum eigentlichen Punkt: Wieso habe ich eigentlich das Kranksein bislang noch nicht als Kultur entdeckt? Sonst habe ich mich von einem Termin zum anderen geschleppt, mein Kopfweh gepflegt, düstere Morddrohungen gegen verständnislose Mitmenschen durch meine Gedanken wabern lassen und vielleicht mal ein Tässchen Instandbrühe runtergeschlürft, wenn ich sonst auf gar nichts anderes mehr Appetit hatte.
Ein Unding! Ich, die ich meinen Liebsten mit Wadenwickeln ins Bett stecke, wenn er Fieber hat, habe es bislang einfach nicht verstanden, mich auch mal verwöhnen zu lassen. Frauen sind einfach zu weit in der Evolution vorangeschritten... sie wissen, das sie viel zu viel zu tun haben und wollen das auch noch machen. Meistens auch deshalb, weil sie - wie ich - hoffnungslos gutmütig sind und die eigenen Bedürfnisse viel zu oft zurückstecken.
Nun denn: Bis heute Abend bleibt die mobile Kommandozentrale noch aufrecht... dann muss ich mich um meine Gesundheit kümmern.
Aber bis dahin geniesse ich das alles noch ein bisschen.
Ob es nun daran liegt, dass die Teilnehmer meines aktuellen Deutschkurses rumniesen wie die Weltmeister oder daran, dass ich letzten Montag wie eine Gestörte mit dem Fahrrad in die Chorprobe gerast bin, vermag ich nicht mehr zu eruieren.
Auf jeden Fall wachte ich Freitag mit einer Stimme auf, die einem sibirischen Streifenhörnchen nach zwei Flaschen Vodka hätte gehören können und einem Kopf, der irgendwo auf meinem Kleiderschrank lag und den ich nicht mehr fand.
Also packte ich den mit dem spitzen Pflock, den jemand zwischen die Augen gerammt hatte, und machte mich auf den Weg in die Schule. Meine Schüler erlebten an diesem Tag das erste Mal ihre sonst so verständnisvolle Lehrerin, wie sie mit geballter Faust auf den Tisch schlug und krächzte: "Ruhe, verdammt."
Gut, das sie das nicht verstanden. Niveau A1 hat auch seine Vorteile.
Zu Hause angekommen versuchte ich mein Arbeitszimmer aufzuräumen, was nicht ging, weil ich ja immer noch den spitzen Pflock zwischen den Augen hatte und der dauernd am Schreibtisch anstieß.
Nun denn... inzwischen liege ich den zweiten Tag in meiner Kommandozentrale auf dem Sofa und finde es super.
Nebe mir steht eine Tasse Kaffee und gleich daneben eine Thermoskanne mit Ingwerwasser, eine Packung Taschentücher und eine große Mülltüte, ein Netz 0-Punkte-Mandarinen, Nasentropfen, Inhalierspray, diverse Zeitschriften, die Fernbedienung von Fernseher und Stereoanlage, der Roman, den ich gerade lese und ein Schachbuch, das nicht mir gehört, aber meinem Allerliebsten. Das hat den Vorteil, dass er über früher oder später angelockt wird und ich so einen Kuss auf die Stirn kriege, wenn ich nur leidend genug gucke.
Im Radio läuft Scarlatti, draußen regnet es, meine Frauenzeitschrift empfiehlt hohe schwarze Stiefel zum Hosenanzug und irgendwann wird es hoffentlich Frühstück geben.
Perfekt.
Das bringt mich zum eigentlichen Punkt: Wieso habe ich eigentlich das Kranksein bislang noch nicht als Kultur entdeckt? Sonst habe ich mich von einem Termin zum anderen geschleppt, mein Kopfweh gepflegt, düstere Morddrohungen gegen verständnislose Mitmenschen durch meine Gedanken wabern lassen und vielleicht mal ein Tässchen Instandbrühe runtergeschlürft, wenn ich sonst auf gar nichts anderes mehr Appetit hatte.
Ein Unding! Ich, die ich meinen Liebsten mit Wadenwickeln ins Bett stecke, wenn er Fieber hat, habe es bislang einfach nicht verstanden, mich auch mal verwöhnen zu lassen. Frauen sind einfach zu weit in der Evolution vorangeschritten... sie wissen, das sie viel zu viel zu tun haben und wollen das auch noch machen. Meistens auch deshalb, weil sie - wie ich - hoffnungslos gutmütig sind und die eigenen Bedürfnisse viel zu oft zurückstecken.
Nun denn: Bis heute Abend bleibt die mobile Kommandozentrale noch aufrecht... dann muss ich mich um meine Gesundheit kümmern.
Aber bis dahin geniesse ich das alles noch ein bisschen.
Rilla - 17. Okt, 09:27