Falten zu meinen Füßen

Ich bin heute unkreativ. Das gibt es.
Besonders an Tagen, an denen sich der graue Himmel über das Wasser legt und man eigentlich nicht mehr unterscheiden kann, wo der Horizont beginnt und wo der See.
Die vielen verschiedenen Gesichter des Sees sind auch dasjenige, was ihn so liebenswert macht.
Viele Menschen kommen hierher und freuen sich über das kristallklare Wasser und die leuchtenden Alpen im Hintergrund, über die grünen Matten der Schweiz und die Städte, die sich an das Seeufer kuscheln. Im Herbst und Winter fangen sie dann an zu jammern, weil der Nebel kommt. Die richtigen Bodenseeler mögen aber auch diese Seite. Der Nebel kann so vielfältig sein: Dicke weiße Wolken, die sich über den Boden dahinschieben, lichtzertriebene Fetzen, ein tiefgrauer Himmel. Der Hochnebel macht viele Menschen traurig, wissen sie doch, dass über den Wolken die Sonne scheint.
Im Winter schneit es selten, aber dann legt sich ein weißer Teppich an den Ufern entlang. Manchmal frieren sie ein und der Schilf ragt daraus empor. Bei tiefer Kälte knarren und seufzen die Eisschollen zwischen der Reichenau und Allensbach. Bezaubernd ist, wenn in diesen Tagen die Sonne hervorkommt und das Wasser, auf dem kleine Wölkchen treiben, zu glitzern beginnt.
Heute ist ein Tag, an dem der See unfreundlich und unausgeschlafen wirkt, mit dicken Augenringen und verstrubbelten Haaren.
Aber dann gehst du abends am Ufer entlang und der Sand und die Steine schmiegen sich um deine Füße... und du weißt, dass er trotz seiner Falten und Macken dein Freund ist.
Rilla - 27. Jul, 09:31